Wien, 12. November 2014

Akademischer Jagdwirt und Tirols Landesjägermeister DI(FH) Anton Larcher und Prof.Dr. Rudolf Winkelmayer, Dr. Barbara Fiala-Köck und DI Paul Weiss, Lehrende des Universitätslehrgangs Jagdwirt/in füllen ein hochkarätiges Vortragsprogramm im Rahmen der Akademie Grünes Kreuz. Ein interessierter Teilnehmer des VII. Lehrgangs, Albrecht Linder aus Bayern berichtet dazu:

Qualitätssicherung der Ausbildung von Jungjägern - DI(FH) Anton Larcher, Akad. Jagdwirt, LJM Tirol

"Jeder gut ausgebildete Jäger ist ein Gegner weniger“. Mit dieser Einleitung seines Vortrages weist Larcher (der zu diesem Thema auch seine Abschlussarbeit verfasst hat) auf die Notwendigkeit der verbesserten Ausbildung von Jungjägern in ganz Österreich hin. Die Ausbildung zur Erreichung der Jagdkarte wird nicht in allen Tiroler Bezirken nach den gleichen Qualitätskriterien durchgeführt. Insgesamt nur 67 Stunden durchschnittlich umfasst ein Pflichtkurs (max. 450 € Teilnahmegebühr), wobei dem Prüfungstourismus (außerhalb der Hei-matgemeinde) zusätzlich Rechnung zu tragen ist. Die neue Ausrichtung der Ausbildung führt zu einem einheitlichen Ausbildungsplan verbunden mit einheitlichen Lehrmitteln für Tirol. Der Vereinheitlichung des Prüfungsverfahrens geht der Vor-standsbeschluss des TJV 2013 voraus. Die Prüfung wird künftig in drei Modulen abgehalten. Jagdethik sei insbesondere seit dem Beispiel vom 28. August 2013 („Leutasch-Gams“) ein ganz wichtiges Thema, das Verhalten des damaligen Jägers habe in der Öffentlichkeit erheblichen Schaden verursacht. Die Gesellschaft stelle sich zunehmend jagdkritisch gegenüber den Jägern ein, deshalb müsse der Aufwand der Ausbildung optimiert werden, um das Ansehen des Jägers und damit auch der Jagd in Zukunft zu sichern und zu erhalten.

Wildtierhaltung – ein fließender Übergang zwischen landwirtschaftlicher und jagdlicher Nutzung? Dr. Barbara Fiala-Köck, Tierschutzombusfrau Steiermark

Auch Dr. Fiala-Köck fordert ein neues ethisches Selbstverständnis der Jagd. Farmtierhaltung sei zwar schon in der Römerzeit (Damwild) bekannt gewesen. Sie führe aber in den meisten Fällen dazu, das Erscheinungsbild des Wildes zu verändern. Ein Beispiel: 15 Hirsche auf 2 ha, dem stärksten wird das Geweih abgesägt, um Verletzungen abzuwenden. Boxenhaltung zur Verbringung an den Käufer sei dann im Weiteren nicht ungewöhnlich. Das Bundestierschutzgesetz (§ 7) sowie die entsprechende Ausführungsverordnung Anlage 8 verbietet derartige Eingriffe. Verschiedentlich werde auch als Alternative beispielsweise zur Schafhaltung Rot-hirschhaltung angesehen. Fiala-Köck verweist auf den Versuchsbetrieb der Universität Kaposvar, im Südwesten Ungarns, 60 km von der kroatischen Grenze entfernt. Hier werden auf 1.000 ha eingezäuntem Weideland ca. 2.200 Rothirschkühe gehal-ten. Nachhaltig für eine effiziente Haltung wirkt sich die hohe Krankheitsempfindlichkeit der Tiere aus. Dem Aspekt gesunden Lebensmittels, das zum Verzehr angeboten wird, könne dabei nicht mehr entsprochen werden. Auf der 15. Jahreshauptversammlung der ARGE Wildhalter Österreichs, an der u. a. auch Univ.-Doz. Dr. Armin Deutz sowie DI Rudolf Grabner teilnahmen, sei deshalb auch das Thema Tierschutz bei Gehegewild diskutiert und ein neuer Sachkundelehrgang für Wildhalter gefordert worden. Sie schloss Ihren Beitrag mit dem Hinweis auf den Skandal im September 2005 um Weltrekord-Hirsch Burlei, 300 kg schwer, ein 37-Ender der Extra-Klasse. Die bulgarischen Waidmänner sind begeistert und auch die Fachpresse „Wild und Hund“ bis „Jagen weltweit“ überschlägt sich. Ein neuer Weltrekord wird verkündet, doch seit einiger Zeit ist klar, der Hirsch war kein wildes Tier, sondern entstammte einem österreichischen Kleingatter bei Braunau. Er war handzahm und ließ sich von Kindern mit Schokolade füttern.

Hat die Niederwildjagd noch Zukunft? DI Paul Weiß, Niederösterreichischer Landesjagdverband

Nachhaltige Niederwilddichten können in den heutigen Ackerlandschaften nur erreicht werden, wenn geeignete Niederwildbiotope geschaffen werden, Raubwild in-tensiv reguliert und ein Jagdmanagement (Zuwächse abschöpfen nur bei einer Herbstdichte von 40 Hasen pro 100 ha) eingerichtet wird, das seinen Namen auch verdient. Dass dabei auch günstige Winterungsbedingungen vorherrschen und funktionierende Jagdgesellschaften eine Rolle spielen, versteht sich von selbst. Monokulturen und Einsatz von Großmaschinen verursachen überdurchschnittlich hohe Jungtierverluste und lassen von den durchschnittlich 12 Junghasen als Zu-wachs einer Häsin nur 2 überleben. Beutegreifer, Krankheiten und Straßenverkehr kommen hinzu. Bei diesen Größen ist an eine Herbstjagd nicht mehr zu denken. Einige niederösterreichische Reviere verpflichten deshalb jeden Mitgesellschafter dazu, mindestens 1 ha Biotopfläche einzubringen. Landwirte können dort ihre eigenen Flächen niederwild-freundlich bewirtschaften ( 3 % der Revierfläche). Pflanzenschutzmittel werden nicht ausgebracht. Durch die freiwillige Teilnahme am ÖPUL-Programm für eine umweltgerechte Landbewirtschaftung werden alle beteiligten Bauern zur Anlage von Streifenbrachen, Artenschutzflächen verpflichtet. Aussaat von Winterbegrünungen (Sojabohnen und Buchweizen) für die Zeit nach der Hauptfruchternte können für das Niederwild bis zum nächsten Anbau im Frühjahr genutzt werden. Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in der EU bis 2020 sieht 312 Mrd. € marktbezogene Ausgaben und Direktbeihilfen vor; unter dem Begriff „Greening“ wird eine obligatorische Anbaudiversifizierung, Dauergrünlanderhalt und Flächennutzung im Umweltinteresse verstanden. Die Betriebsprämie für Ackerland ab 2014 (5 % der Ackerflä-che) beträgt 45 € pro ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Unter dem Gesichtspunkt „jetzt oder nie“ sind die Landwirte aufgerufen, mit Nützlings- und Trennstreifen die Artenvielfalt aufrechtzuerhalten.